Nützlich auch zum bevorstehenden Denkmaltag: Der Neudruck eines 120 Jahre alten großformatigen Bandes zum hiesigen Fachwerkbau – Eine Rezension von Heinz Stade

Wertvoll ob seines teilweise verblüffend aktuellen Inhalts, edel als großformatiges Buch im Schuber, so lässt sich aufs Kürzeste zusammenfassen, was der kleine, jüngst mit einem Preis der Stiftung Deutsche Schrift ausgezeichnete Arnstädter Verlag mit diesem Neudruck des vor 120 Jahren erschienenen Bandes über althennebergische Holzbauten vorlegt. Dass er damit das Thema „Holz“ des Denkmaltages am kommenden Sonntag (9. September) attraktiv bereichert, dürfte Zufall sein; hingegen kein solcher ist es, dass der für diese Sparte von Regionalia bisher nicht bekannte Verleger Michael Kirchschlager dieses Buch quasi machen musste: Zusammen mit seiner Frau ist er seit Jahren Eigentümer eines Denkmals, einer Kemenate. Als Bauherr auch praktisch an diesem Objekt zu Werke gehend, wurde ihm als hilfreiches Fachbuch das 1892 vom Meininger Baurat Eduard Fritze verfasste Werk zu Holzbauten empfohlen. Wieder einmal erwies sich, dass auch Bücher ihre spannende Geschichte haben können. Das originale Buch war nirgendwo aufzutreiben. Erst die Versteigerung eines Privathaushaltes in den USA brachte ein 1892 von Bockstadt in Südthüringen nach Chicago verschenktes Exemplar ans Tageslicht – und alsbald zurück ins thüringische Arnstadt. Schon beim ersten Durchblättern wurde dem Bauherrn klar, dass da auch der Verleger in ihm zum Zuge kommen wird. Der auf 499 Exemplare limitierte Neudruck ist das Fachleuten wie Laien wärmstens zu empfehlenswerte Resultat.

Verfasser Eduard Fritze (1849-1926) hat das Bauen, Restaurieren und Entwerfen von der Pike auf gelernt. So hat der Maurerlehrling Fritze u.a. am Französischen Bau der Veste Heldburg mitgewirkt. Die Handschrift des Architekten Fritze tragen zahlreiche noch heute vorhandene Wohnhäuser und öffentliche Bauten u.a. in Meiningen, wo der mit höfischen Ehrungen bedachte Mann die meiste Zeit lebte und seit wenigen Jahren auch eine Gedenktafel an ihn erinnert. Dem Altertumsforschenden Verein Meiningen zugehörig und viele Jahre dessen Vorsitzender, war es vermutlich nur eine Frage der Zeit, dass Fritze mit Publikationen zu seinem Metier hervortreten würde. Das „vorliegende Werkchen“, wie Fritze selbst es bescheiden nennt, war für ihn ganz offenbar ein Muss. Noch bevor Georg Dehio um 1900 die uns Heutigen selbstverständliche Denkmalpflege in das Bewußtsein der Öffentlichkeit brachte, schien es für Fritze bereits „höchste Zeit“, für den Fortbestand des Holzfachwerkbaus in Deutschland und besonders in Thüringen, zu werben. Es liest sich zuweilen wie von einem heutigen Denkmalpfleger geschrieben, mit welcher Sorge Fritze auf die Modernisierungswut der immer zahlreicher werdenden Bauherren blickt, die beispielsweise das Fachwerk an ihren Hausfassaden überputzen. Doch haben oft genug die „Oberbehörden glücklicherweise nicht nachgegeben“, wie er resümiert. Und Gott sei Dank irrte der Baurat und zeitweilige Landtagspräsident Fritze, als er für die Zukunft des Fachwerkbaus vorhersah: „Noch kann das Verständnis für diese Bauweise erweckt werden, noch sind der alten Bauten eine schöne Zahl… Aber die Zeit liegt nicht ferne, wo bei gegenwärtiger Behandlung dieses Gegenstandes, das letzte der Holzbauwerke in Schutt oder Asche sich auflösen wird.“ Er hat seinen Teil dazu beigetragen, dass es nicht so schlimm kam; alle rund um das Denkmal Tätigen und Interessierten müssen heute das ihrige dazu tun, dass ein solcher Ausblick nie Realität wird. Die Wiederentdeckung eines wertvollen historischen Buches und dessen kunstvoll arrangierter Neudruck reihen sich da vortrefflich ein.

Eduard Fritze: „Fränkisch-Thüringische (althennebergische) Holzbauten aus alter und neuer Zeit mit 45 Tafeln“; Verlag Kirchschlager Arnstadt; 38,00 Euro