Ein Interview mit Armin Rütters

Herr Rütters, Sie beschäftigen sich seit mehr als 30 Jahren mit dem Phänomen „Serienmörder“ – wieso fasziniert Sie dieses Thema so?

Es ist die kriminologische Seite der Täter, die mich beschäftigt. So schrecklich es klingen mag, aber auf den Punkt gebracht, die Faszination des Bösen. Was geht in solch einem Menschen vor, welches Selbstverständnis hat er von sich, was ist mit ihm vor – und nach der Tat und welches Werteverständnis hat der Täter?

Ein Schwerpunkt Ihres Interesses ist Karl Denke, der von 1903 – 1924 geschätzte 31 Menschen tötete und verspeiste. Was ist an Menschen wie Denke so besonderes, dass Sie ihnen Jahrzehnte Ihrer Freizeit gewidmet haben?

Die Taten des Karl Denke sind völlig rätselhaft und es gibt eine ganze Reihe von Theorien.
Überzeugend ist keine! Er war jedoch sicher eine schwer gestörte Persönlichkeit bis an die Grenze zur Schizophrenie, aber das ist auch nur meine Theorie.
Mein Interesse wurde durch den Umstand angestachelt, daß es so schwer war, an zuverlässige Informationen zu gelangen.

Sie haben vor Ort im polnischen Ziebice, dem ehemaligen Münsterberg, das Haus des Täters besichtigt und sich dort umgetan – ist Karl Denke nach rund 100 Jahren immer noch präsent bei den Einwohnern?

Nein! Die heute dort lebenden Polen sagen, das ist deutsche Geschichte und wir haben damit nichts zu tun.

Was hat Sie bei Ihren Recherchen in Ziebice besonders beeindruckt?

Die Ahnungslosigkeit von Frau Marianne Janowska, die heute in der Wohnung lebt, die Denke 2 Jahre vor seinem Freitod bewohnt hat und in deren Zimmer (24 qm) er ca. 8 Menschen geschlachtet und
gegessen hat. Sie hat 1957 und 1960 Knochen im Garten gefunden, hielt dies aber für Menschenknochen von Soldaten des letzten Krieges. Ich habe der alten, freundlichen Dame dann keine
Fragen zu Denke gestellt und auch meine Fotos ihr nicht gezeigt. Da Frau Janowska in ein Altenheim gehen wollte, bot sie mir ernsthaft das Haus zum Kauf an. Da ich aber die Geschichte des Hauses
kenne, habe ich dankend abgelehnt.

Sie haben dort über 100 Interviews geführt und auch Zeitzeugen befragt, wie erinnern sich die Menschen an Karl Denke?

Die Interviews habe ich vorwiegend mit geborenen Münsterbergern geführt und dies über einen längeren Zeitraum gemacht. Darunter waren 2 Menschen, die Denke persönlich begegnet sind.
Auffallend war für mich dabei, daß der Hass auf Denke heute noch vorhanden ist! Die Formulierung:“Der hat soviel Dreck über unsere schöne Stadt ausgeschüttet, das verzeihen wir nie“ habe ich häufig gehört.

Welche Rolle spielt die Stadt Münsterberg als Tatumgebung? Hätte ein Serientäter wie Denke auch überall sonst sein Unwesen treiben können oder gibt es so etwas wie böse Orte?

Denke hätte überall auftauchen können. Der Ort Münsterberg ist nett gelegen, war wirtschaftlich sehr gut aufgestellt. Als die Taten des Mitbürgers Weihnachten 1924 in der Stadt bekannt wurden, war dies
ein gewaltiger Schlag für die Menschen und hat die Wirtschaft nachhaltig geschädigt.

Wie erklären Sie sich, dass jemand wie Fritz Haarmann heute bekannter ist als Karl Denke, obwohl Denke mehr Menschen umbrachte und zudem noch Kannibale war?

Weil es keinen Prozess gab und die Menschen verdrängen wollten und auch mit sich selbst genug zu tun hatten.

Sie halten unter dem Titel „Mord auf der Oker“ eine eigene Lesereihe zu berühmten Mördern ab, bei dem Sie Ihre Gäste auf einem Floß erschauern lassen – eine sehr ungewöhnliche Form,
eine Lesung zu halten.

In der Tat, sehr ungewöhnlich aber sehr erfolgreich. Wir bieten Spannung durch die Lesung und wer sich entkrampfen möchte, schaut auf die Landschaft. Wir gehen 2009 ins achte Veranstaltungsjahr und
gehören zu den 10 innovativsten touristischen Angeboten in Niedersachsen.

Herr Rütters, womit können wir in Zukunft von Ihnen rechnen? Was planen Sie derzeit?

Im letzten Jahr habe ich über Adolf Seefeld gelesen. In diesem Jahr Friedrich Schumann („Der Schrecken des Falkenhagener Forstes“), den man als ersten Serienmörder der Neuzeit in Deutschland
bezeichnen könnte und fast völlig vergessen ist. Die zweite Geschichte handelt von Carl Großmann, einem sexuellen Sadisten wie aus dem Lehrbuch. Die Lesungen dauern 1.5 Std und sind vorwiegend
am Wochenende von Mai bis September.

Herr Rütters, wir danken Ihnen für dieses Interview.

Das Interview entstammt der Seite www.mordort.de/magazin/.

Zur Person:
Armin Rütters über sich: „Über mich selbst ist nicht so viel zu sagen, vielleicht dies: Als meine Mutter erfuhr, welche Bücher ich angefangen hatte zu lesen, konnte sie es nicht glauben und bekreuzigte sich vorsichtshalber. Meine Frau wurde gefragt, ob sie nicht ein mulmiges Gefühl hätte. Mittlerweile ist die Zahl gelesener Bücher und Artikel nicht mehr abzuschätzen. Ein Ende ist nicht in Sicht.
Doch das Hauptinteresse gilt den deutschen historischen Kriminalfällen der 20er bis 40er Jahre. Bin 1944 geboren, Witwer und seit 2004 Pensionär. Leseratte und Klassik Fan. Liebe verregnete
Sonntage, Pilzgerichte und skurrile Witze.“

Armin Rütters ausführlicher Aufsatz über Karl Denke erscheint im 2. Band „Historische Serienmörder“ in unserem Verlag.

Zu den Lesungen „Mord auf der Oker“: Armin Rütters zeichnet das Bild zweier Serienmörder nach, denen man hoffentlich nie begegnen wird. „Der Schrecken des
Falkenhagener Forstes“ war einer der ersten Serienmörder der Neuzeit in Deutschland, der trotz seines „Milchbubigesichtes“ Angst und Schrecken verbreitete. Fünf Stunden vor seiner Hinrichtung zeigte er
seinem Anwalt sein wahres Gesicht… Der zweite historische Kriminalfall berichtet vom Würstchenverkäufer am Schlesischen Bahnhof in Berlin. Doch Vorsicht – wenn Sie den Mann näher kennenlernen, könnte Ihnen das Würstchen im Halse stecken bleiben. Ein kleiner Zeisig hat ihn schließlich zur Strecke gebracht. Beide
geschilderten Kriminalfälle sind für Kinder unter 14 Jahren nicht geeignet.
„Mord auf der Oker“ hat unterdessen „Kultstatus“ erreicht, d. h. die Nachfrage nach Karten ist sehr hoch.
Wir empfehlen Ihnen deshalb, sich im Vorverkauf rechtzeitig Ihre Karten zu sichern!
Termine: freitags, samstags und sonntags um 19.00 Uhr:
08.05., 09.05,10.05., 15.05., 16.05., 17.05., 22.05., 23.05., 24.05, 29.05, 30.05, 31.05, 01.08, 02.08, 07.08,
08.08, 09.08, 14.08, 15.08, 16.08, 21.08, 22.08, 23.08, 28.08, 29.08, 30.08, 04.09.*, 05.09.*, 06.09.*, 11.09,
12.09, 13.09, 18.09, 19.09, 20.09, 25.09, 26.09, 27.09.2009
freitags, samstags und sonntags um 20.00 Uhr:
05.06, 06.06, 07.06, 12.06,13.06, 14.06, 19.06, 20.06, 21.06, 26.06, 27.06, 28.06, 03.07,04.07, 05.07, 10.07,
11.07, 12.07, 17.07, 18.07, 19.07, 24.07, 25.07, 26.07, 31.07.2009
Treffpunkt: Okerbrücke, Leonhardstraße 2, Anleger Kaffeegarten „Leonhard“, *04.09„ 05.09. und 06.09.
Abfahrt von der Bootsstation am Kennedyplatz Dauer: ca. 1,5 Stunden Preis: 16,00 € pro Person Separate
Gruppenfahrten auf Anfrage möglich. Preis bis 15 Personen 280,00 €, ab der 16. Person 14,00 € pro Person
Reservierungen sind erforderlich: Touristinfo Braunschweig, Tel.: +49 (0) 531 4 70 20 40
Wetterbedingte Terminänderungen bleiben vorbehalten.
Bitte beachten Sie: Getränke können Sie auf dem Floß erwerben und ein kleiner Imbiss kann mitgebracht
werden. Wir bitten Sie, Verpackungen o. Ä. nach der Fahrt selbst zu entsorgen. Sollte die Fahrt aufgrund
schlechten Wetters vor Ort abgesagt werden, informieren wir die Teilnehmer über einen Ersatztermin. Bitte
geben Sie uns daher beim Kartenkauf Adresse und Telefonnummer bekannt. Die Daten werden vertraulich
behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Die Karten sind vom Umtausch ausgeschlossen!