Ein Rückblick auf die Nacht der Serienmörder
Heute stand folgender Beitrag von Uwe Appelfeller über das Schaffen unserer Autoren und unsere Verlagsarbeit in der Zeitung (Freies Wort). „Falls es Ihnen zu grausam wird: Ich habe Verständnis dafür, wenn jemand das Lokal fluchtartig verlässt oder gar schreiend raus rennt.“ Der das sagt, ist Michael Kirchschlager, Chef des gleichnamigen Verlages in Arnstadt. Er spricht die Worte zu einem erwartungsvoll gespannten Publikum im historischen Arnstädter Gasthaus „Zur Henne“; Anlass ist die erste Nacht der Serienmörder – so der Titel einer Lesereihe mit Kirchschlagers Autoren. Mit tiefer, kratzender Stimme spricht Michael Kirchschlager, den abgedunkelten Saal erhellen nur wenige trübe Funzellichter. Grusel und Gänsehaut begleiten die Zuhörer durch die Geschichten über Serienmörder, Hinrichtungen und zwielichtige Todesfälle.
Kriminalfälle haben den 44-jährigen Diplom-Historiker Michael Kirchschlager schon von kleinauf fasziniert. „Im Alter von neun Jahren habe ich meinen ersten Krimi geschrieben. Mord in Hessen hieß der“, sagt Kirchschlager. Mit einem Schulkameraden habe er einige Szenen nachgestellt, ein Schraubenzieher als Tatwaffe und Kunstblut hätten seine plötzlich hinzugekommene Mutter in Panik versetzt, sagt er und muss im Nachhinein schmunzeln.
Auch heute schreibt er noch Krimis und lässt dabei seiner Fantasie freien Lauf, wie zum Beispiel beim „Giftmord in der Henne“. Die meisten Bücher, die Kirchschlagers kleiner Verlag anbietet, sind jedoch gründlich recherchierte Kriminalfälle. Verschiedene Thüringer Staatsarchive, historische Postkarten und Fotos dienten den Nachforschungen.
So sind sachliche Abhandlungen entstanden, wie etwa im neuen Buch „Thüringer Mörderinnen“. Darin finden sich historische Kriminalfälle aus dem Zeitraum 1859 bis 1938, darunter der Gräfenthaler Doppelmord 1880, ein Giftmord in Katzhütte, eine Kindstötung in Sitzendorf, ein unnatürlicher Todesfall in Meuselbach und der seltsame Mordversuch am Wirt des Gasthauses „Weißes Roß“ in Königssee 1910, bei dem ein Hund zur Aufklärung beitrug.
Die in dem Buch geschilderten Taten sind allesamt Werke von Frauen, deren Leben nicht selten vorm Scharfrichter endete.
Um den Wert der Bücher zu erhalten, produziert Kirchschlager keine Massenware: Von jedem Buch werden höchstens 3000 Stück aufgelegt. Illustriert sind die edlen Hardcover-Bücher mit historischen Tatortskizzen und Fotos. Fast aus dem Rahmen fällt das Kirchschlager-Buch: „Runibergun“. Darin wird die tragisch-dunkle Geschichte des Thüringer Königreiches bis zu dessen Untergang im Jahr 531 für Jugendliche ab neun Jahren anschaulich beschrieben. Erstaunlich Gruseliges gibt es dagegen im Band „Das Thüringer Obscurum“: Darin sind 170 Geschichten von Wundergeburten, grausamen Räubern, Serienmördern, Vampiren, Werwölfen, kopflosen Reitern, Teufels- und Geistererscheinungen sowie anderen Merkwürdigkeiten aus Thüringen beschrieben.
„Ich lebe von der Angst“, hat einmal ein Kollege von Michael Kirchschlager gesagt. Das hat sich auch der Arnstädter zur Devise gemacht. Das Publikum gibt ihm Recht: Die Nacht der Serienmörder in Arnstadt war mit knapp einhundert Zuhörern gut besucht. Uwe Appelfeller, Freies Wort v. 11.11.2009