Das Weißenseer Reinheitsgebot – Teil 1: Hopfen, Malz und Wasser seit 1434

Da der Beitrag unserer Ministerin die Bierfreunde in Thüringen zuhöchst erfreut hat, möchte ich heute auch gleich mit einer kleinen denkwürdigen Biergeschichte weitermachen. Am Anfang steht das Weißenseer Reinheitsgebot von 1434, mit welchem wir im Jahre 1998 den Freistaat Bayern in Angst und Schrecken versetzten. Ich entdeckte es einst bei Forschungen zur Weißenseer Stadtgeschichte im Historischen Archiv Weißensee auf der Runneburg. Im Artikel 12 heißt es:

Zu dreimal Brauen.

Es soll auch niemand mehr brauen als dreimal in einem Jahr oder nach dem, wie die Räte und die Gemeinde eines jeglichen Jahres sich einig werden. Zu dem Bier brauen soll man nicht mehr nehmen als soviel Malz, als man zu den drei Gebräuen von dreizehn Maltern an ein Viertel Gerstenmalz braucht. Die Gebräue soll man tun zu welcher Zeit in dem Jahr man will oder man erkennt, daß es am zweckmäßigsten sei. Es soll auch nicht in das Bier weder Harz noch keinerlei andere Ungefercke. Dazu soll man nichts anderes geben als Hopfen, Malz und Wasser. Das verbietet man bei zwei Mark und derjenige muß die Stadt für vier Wochen räumen.

(Ungefercke – gefährliche Stoffe) In diesem Artikel ist erstmals die Zusammensetzung des deutschen Bieres mit den Bestandteilen Hopfen, Malz und Wasser genannt. Ob die Weißenseer Stadträte die derben Zustände in ihren Tabernen der schlechten Qualität des Bieres zuschrieben und deshalb als Erste ein solches Reinheitsgebot entwickelten, muß offen bleiben. („dreizehn Maltern an ein Viertel Gerstenmalz“ regelt die Stammwürze, hier von 11,8 – 12,8.) – Freundliche Mitteilung von Prof. Annemüller, Berlin)

Das Weißenseer Reinheitsgebot ist Bestandteil der „Statuta thabernae“ von 1434 der Stadt Weißensee und beinhaltet spätmittelalterliche Wirtshausregeln und Gesetze über das Brauen von Bier, das Verhalten in den Tabernen und allgemeine städtische Regeln.

Aufgestellt wurden die 30 Artikel höchstwahrscheinlich auf Grund innerstädtischer Unruhen oder gar Auseinandersetzungen. Zu Beginn des 15. Jahrhunderts kam es in zahlreichen deutschen Städten zu Kämpfen zwischen den „Gemeinden“ und dem „Rat“. Das wird in Weißensee ähnlich gewesen sein. Die Schenkenwirte und Bierbrauer waren durch die Biersteuer (Ungeld) in alle Streitigkeiten verwickelt. Deutlich werden die Zwistigkeiten in Wortwendungen wie „die rethe und die gemeyne dez eyns igslichen jarez eyn werdet“ und „Auch sind dry Rethe und eyn gancz gemeyne eyn worden umb daz geschoß zcu seczene und zcu gebene“. Bei Geschoß handelt es sich um Steuern. Um 1425/30 war der Stadtherr Weißensees Landgraf Friedrich von Thüringen, genannt der Friedfertige. Der Bürgermeister des Jahres 1428 hieß Hartwig Schemelraufe (!). Die „Statuta thaberna“, die diesem Text zugrunde liegen, sind in dem „Verzeichniß etlicher alten Statuten zue Weißensee, nebst einer Nachricht, wie das Geleit vor Alters hier abgegeben worden de anno MCCCCXXXIV Seqq. (1434)“ enthalten. Das Weißenseer Stadtbuch (jetzt Stadtarchiv Weißensee, Rep. B., Tit. II Nr. 3) wurde in den 1420er Jahren angelegt. Zu Beginn des 15. Jahrhunderts mußten in den landgräflichen Weißenseer Wirtshäusern rauhe Zustände, eine unklare Steuergesetzgebung, sowie eine undurchsichtige Steuereinnahme geherrscht haben. In der Stadt (wie auch in Eisenach) wurde mindestens seit 1285 gebraut. In diesem Jahr trug Landgraf Albert von Thüringen dem Marktmeister in Weißensee auf, zu verhindern, daß jemand, gleich wessen Lehnsmann oder Tributpflichtiger, im Umkreis einer Meile außerhalb Weißensees Bier verkauft oder ausschenkt, wenn er es nicht für sich gebraut oder in Weißensee erworben hat. (Bierbannmeile). Das Bannmeilenrecht verbot im Bereich der städtischen Bannmeile (eine oder mehrere Meilen) ländliche Gasthäuser, in denen sich oft Lebensmittelhandel und Marktverkehr abspielten. Die vollständigen Wirtshausgesetze, die auch für die Rechtsgeschicht von großer Bedeutung sind, findet die geschätzte Leserschaft bei www.Kriminalia.de. Fortsetzung folgt.