Bratwurst in der Fastenzeit – ein spätmittelalterliches Fastenrezept aus der Küche des Deutschen Ordens

Heute beginnt nach all der Völlerei die Fastenzeit. Und unsere Vorfahren waren in dieser Hinsicht auf kulinarischem Gebiet sehr erfindungsreich. In meinem Kochbuch „Ich will ein guter Koch sein“ (2. Auflage) habe ich auf S. 271 ein Rezept für Bratwürste – „Willst du Bratwürste (Prottwirst) in der Fastenzeit machen“ (2. Hälfte 15. Jahrhundert) – aufgenommen. Dazu heißt es:

So nimm gute Feigen, übersiede sie und stoß sie klein in einem Mörser. Hack sie vorher auch klein und leg sie auf ein Brett. Nimm geriebenen Lebkuchen darunter und wälze ihn so lang, wie eine Bratwurst (Brottwurst) ist. Mach einen dicken Straubenteig von Wein und ziehe die Würste dadurch. Backe es dann schön. Gib einen Zucker dazu.

Das Rezept stammt aus einem Kochbuchfragment des Deutschen Ordens. und enthält etwa 30 rekonstruierbare Rezepte Nach der Schrift zu urteilen, datiert die Handschrift in die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts, wobei die Rezepte und Zubereitungsmethoden (z. B. das Zerstoßen des Fleisches im Mörser) bereits seit langer Zeit bekannt und gängig waren. Ein Kontext zur Schlacht bei Tannenberg/Grunwald (1410) kann natürlich nicht hergestellt werden, dennoch dürften die Rezepte für Reenactor interessant sein. Ich erinnere hier nur an die Darstellung der Schlacht im Sommer 2010, an der ich ebenfalls teilnehmen will (auf Seite des Ordens).

Typisch für die mittelalterliche Küche sind die zahlreichen Salsen oder Tunken, die ein beredtes Zeugnis ablegen, daß man das Fleisch vornehmlich gekocht oder gebraten hat und dann mittels Tunken zu sich nahm. Klassisch mittelalterlich ist auch das Färben der Speisen. Raffiniert sind einzelne Fischgerichte. Kurios ist das Bratwurstrezept für die Fastenzeit (man hat hierfür in der mittelalterlichen Küche oft Fleisch „nachgemacht“). Auch die Rezepte für Pasteten, Mörserkuchen, Kroßeier und die „Lungenrezepte“ sind Variationen, die in dieser Zeit üblich waren. Hervorstehend ist das Rezept für ein Hirschgeweih, eine damalige Delikatesse. Weitere Erläuterungen findet man bei den Rezepten.