Eine Buchankündigung von Kriminalkommissar Christian Pundt

Erst kürzlich erschien das Buch „Brieffreundschaft“ mit einem Serienmörder im Kirchschlager Verlag doch  bereits jetzt arbeitet die Kriminologin und Pädagogin Petra Klages wieder an einem neuen Werk aus dem Bereich True Crime, das im 1. od. 2. Quartal 2011 erscheint. Es geht um Serienmörder und Kannibalen. Zwei Tabubrüche auf einen Streich.

Der Leser wird mit dem Werdegang unterschiedlicher Täter konfrontiert, mit der Kindheit und Jugend dieser Menschen, bevor sie zum Mörder oder Serienmörder wurden. Durch die Darstellung der Lebensgeschichten, wird die Leserschaft vertraut gemacht mit der Geschichte eines Individuums und  nicht in der irrigen Annahme bestärkt, dass die grausamen Taten von einem „Monster“ verübt wurden. Kriminelle bestehen nicht aus der Summe ihrer Verbrechen, sondern sind in vielen Bereichen Menschen wie du und ich. Sie wachsen mit uns und unter uns auf, sind häufig freundliche Nachbarn, nette Arbeitskollegen oder liebevolle Familienväter.

Der Unterschied zwischen ihnen und uns liegt in den innerlich entwickelten und manifestierten gewalttätigen Phantasien, die dann in seltenen Fällen für andere sichtbar,  schmerzhaft und grausam umgesetzt zum Ausdruck kommen. Ansonsten führen sie oft ein normales, geradezu unscheinbares Leben. In ihrer Kindheit und Jugend wurden sie häufig Opfer besonders grausamer Verbrechen, bevor sie selbst zum Täter wurden.

In den Büchern von Petra Klages wird auf Gesetzmäßigkeiten des FBI hingewiesen und an diese angeknüpft. Parallelen werden aufgezeigt, die erstmalig vom FBI in ihrem Projekt „Criminal Personality Research“ belegt wurden. Bei der Befragung des FBI von 36 Serienmördern wurden zahlreiche Parallelen in der Entwicklung vom Opfer zum Täter festgestellt, die sich in ihrem neuen Buch und ebenfalls in „Brieffreundschaft“ mit einem Serienmörder finden. Die frühe Zerstörung der kindlichen Psyche durchzieht ihre Bücher wie ein roter Faden. Sie ist in der Regel die Basis für eine kriminelle Entwicklung, es kommen natürlich noch zahlreiche andere Dinge, wie beispielsweise Drogenkonsum in der Familie, ein gewalttätiger Vater und sehr häufig auch sexueller Missbrauch des Kindes hinzu. Prävention steht in ihren Büchern generell im Vordergrund. Einzigartig ist das Buch „Brieffreundschaft“ mit einem Serienmörder. Die Dokumente, die der Täter im Briefwechsel mit Petra Klages den Menschen zur Verfügung stellt, sind von großer Bedeutung und müssen interdisziplinär, d. h.  psychologisch, pädagogisch, kriminalistisch und kriminologisch ausgewertet und in die Praxis umgesetzt werden. Er gibt uns die Chance von ihm zu lernen – im positiven Sinne.

Ganz klar haben wir keine andere Wahl, als von den Mördern, ihren Taten, und besonders aus ihrer Kindheit zu lernen. Das hat bereits vor langer Zeit auch das FBI erkannt. Es sind gründliche Analysen der umfangreichen Tatbestände notwendig; ohne genaue Betrachtung aller Umstände, ist keine Prävention, kein Opferschutz, kein angemessenes Profiling möglich.

Die Bücher von Petra Klages machen das möglich, sie filtert nicht die grausamen Taten heraus, um die Leser zu schockieren – im Gegenteil – sie kürzt die Grausamkeiten aus ihren Dokumenten und zeigt die Lebensgeschichten von Opfern – und Tätern.

In ihrem neuen Buch setzt Petra Klages ihre Arbeit fort und macht klar, dass die Entwicklung zum Kriminellen über die Jahrhunderte immer ähnlich verläuft. Sie schildert einen Fall, der vor fast 100 Jahren die Menschen schockierte und geht auf einen brisanten Fall unserer Zeit ein.

Zum Glück wird nicht jeder Mensch mit einer von Gewalt geprägten Kindheit zum Kriminellen. Wenn eben genannte Bedingungen einer „schlechten“ Kindheit erfüllt sind, das Kind also massiv traumatisiert wird – möglicherweise mehrfach und über einen langen Zeitraum durch extremen sexuellen Missbrauch, übersteht dies meist kein Kind unbeschadet. Diese Verletzungen führen zu gravierenden Veränderungen innerpsychischer Verarbeitungsprozesse, zu einer Narbenbildung im Gehirn, zur Ausprägung von bestimmten Charaktereigenschaften, Mitgefühl ist diesen jungen Menschen häufig völlig fremd. Sie machen den Menschen aber nicht zwangsläufig zum Kriminellen – sie erhöhen jedoch das Risiko.

Gut für die menschliche Entwicklung ist immer eine intakte Bindung an die primären Bezugspersonen. Psychologisch und kriminologisch fundiert, ist die Möglichkeit der Entwicklung vom Opfer zum Täter. Zum Beispiel wiederholt ein Gewaltopfer das Erlebte, „befreit“ sich von diesen Opfererfahrungen oder kompensiert sie kurzfristig, indem jemand auf ähnliche Weise verletzt, gedemütigt oder gequält wird. Häufig sind die ersten Opfer Tiere, später sind es dann möglicherweise Menschen. Deshalb sind die Tatmuster bei Tierquälereien, Tiertötungen und menschlichen Opfern ähnlich. Diese Tathandlungen und Tatmuster sind für das Profiling von größter Bedeutung. Auch Axel F. in „Brieffreundschaft“ quälte erst Tiere, bevor er  Menschen tötete. Im neuen Buch geht es u. a. auch um einen sadistischen Serienmörder. Wie Axel F. quälte, vergewaltigte und tötete er Tiere, bevor er Menschen ermordete. Der Schritt vom tierischen zum menschlichen Opfer ist klein. Tierquälerei ist als absolutes Warnsignal zu werten! Das Kind oder der Jugendliche fühlt sich durch die Handlungen am tierischen Opfer gut und mächtig, erstmalig erlebt er Kontrolle über eine von Gewalt erfüllte Situation und ist nicht mehr das Opfer. Freud (1926) hat das folgendermaßen formuliert: „Wenn etwas Erlebtes nicht in gewünschter Weise geschehen ist, so wird es vernichtet, indem es auf andere Art wiederholt wird.“

In der Kindheit werden die Weichen gestellt – häufig durch die Eltern und das nächste Umfeld. Also müssen wir natürlich die Kindheit untersuchen bzw. aus der Kindheit des Mörders lernen. Erlebt das Kind ein Trauma, müssen wir diese Verletzung genau untersuchen – aus ihr lernen – um weitere Schädigungen zu verhindern. Menschliches Verhalten ist überaus komplex, das Verhalten eines Mörders oder Serienmörders ist häufig noch komplexer und wesentlich schwieriger nachzuvollziehen als das eines „normalen“ Menschen. Wenn wir nicht von den Mördern, aus ihrer Entwicklung und ihrem Verhalten lernen, werden wir vermutlich niemals einen wirkungsvollen Opferschutz entwickeln können. Der beste Opferschutz ist es, die Täterentstehung zu verhindern. Das können wir nur, wenn wir die Entwicklungen des Menschen zum Täter betrachten. Das ist in den Büchern von Petra Klages möglich. Mörder werden nicht als Kriminelle geboren, sie durchlaufen Entwicklungen, sie wachsen unter und mit uns auf. Das wird auch im Buch deutlich. In irgendeiner Form haben viele Menschen und auch die Gesellschaft Anteil an der Entstehung des Täters. Also gibt es noch eine Menge zu lernen.

Es gibt theoretisch durchaus Möglichkeiten, extreme kriminelle Karrieren zu verhindern. In der Praxis hapert es da, nicht zuletzt, weil wir durch die Medien ein völlig verzerrtes und verklärtes Bild von den Tätern haben. Der Serienmörder wird in Filmen und auch in der Literatur fälschlich nur als „böses Monster“ dargestellt, dass er wie wir ein Mensch mit einer Geschichte ist und nicht nur aus der Summe seiner meist wenigen Verbrechen besteht, bleibt meist völlig unbeachtet. Das ist in Klages neuem Buch und im Buch „Brieffreundschaft“ mit einem Serienmörder anders. Da geht es um die kompletten Geschichten der Kinder, Jugendlichen, Erwachsenen, um Opfer, Tierquäler, Mörder und Serienmörder. Die Schilderungen sind authentisch, aus dem Leben gegriffen, nicht reduziert auf Brutalitäten. Es ist „True Crime“ in reinster Form.

Das neue Buch von Klages: Fälle der deutschen Historie werden in Verbindung gebracht mit brandaktuellen Morden

In einem Beitrag von besonderer Aktualität beschreibt der bekannte „Madendoktor“ Mark Benecke einen schockierenden Fall aus seiner Praxis. Es folgt ein hochkarätiger Beitrag des Kriminalhistorikers Michael Horn, der mit neuen Erkenntnissen einer fast vergessenen „mörderischen Familie“ brilliert, deren 11 Jahre alter Sohn bereits ein mehrfacher Mörder war.

Petra Klages recherchierte in den Archiven und analysierte tausende von Seiten zum Fall eines sadistischen Mörders des vergangenen Jahrhunderts. In ihren Beiträgen geht es um zwei Täter: einen sadistischen Serienmörder, der vermutlich ein grausamer Kannibale war und schließlich beschäftigt sie sich mit einem aktuellen Fall der jüngeren Geschichte – ein spektakulärer Fall des Kannibalismus.

Seit 2009 arbeitet Petra Klages mit dem letztgenannten kannibalistischen Mörder, unterstützt ihn in der Aufarbeitung seiner Vergangenheit und bei der Bewältigung seiner Phantasien. Er drängt seit Jahren erfolglos auf eine Therapie.

Aspekte die bislang keine oder nur geringe Erwähnung fanden, werden hier aufgearbeitet und in einen Zusammenhang mit dem Leben und grausamen Wirken der Serienmörder und Mörder gestellt. Die Täter wurden nicht nach quantitativen Maßstäben – also der Anzahl ihrer Opfer – sondern nach ihrem besonderen Tatverhalten bzw. Modus Operandi ausgewählt. Die Taten, die den kriminellen und seriellen Kannibalismus betreffen, sind häufig von besonderer Brutalität und Grausamkeit gekennzeichnet.

Mit Spannung erwarten wir das neue Buch von Petra Klages. Mit Beiträgen von Michael Horn und Mark Benecke.

Kriminalkommissar Christian Pundt