Die Blide war kein „Katapult“ – sondern eine Steinschleuder-Maschine!

Zahlreich ist der Unsinn, der über die Fernsehkanäle läuft; leider auch militärgeschichtliche Aspekte betreffend.

Zeichnung Anja Schönberger, Arnstadt

Das Mittelalter verwendete den Begriff Katapult überhaupt nicht. Er ist römischen Ursprungs, er beschreibt auch völlig andere Kriegsmaschinen. Bei der Blide (von Bli – Blei, zurückgehend auf die frühen schweren Bleigewichte der Trabuccos, den Vorgängertypen) handelt es sich um eine um 1240 entstandene Steinschleuder-Maschine mit beweglichem Gegengewicht, manchmal auch als Hybridtyp mit festem Gegengewicht (Blei) vorkommend. Ab dem 11. Jh. tauchen vermehrt in europäischen Quellen folgende Begriffe auf: die Mangen (Ziehkraft-Schleudern unterschiedlicher Größe; arab. Manjanik: Schleuder), dann ab um 1170 Petrarien (größere Ziehkraft-Schleudern unterschiedlicher Größe, grob abgeleitet von Stein also Steinwerfer), dann folgen um 1200 in Italien sicher belegt, die Trabucci (große Steinschleudern mit Ziehkraftseilen und festem Gegengewicht aus Blei) – 1212 erstmalig als triboc in Deutschland von Kaiser Otto IV. gegen die landgräfliche Runneburg in Weißensee/ Thür. eingesetzt – und wie gesagt ab um 1240 die Bliden (schon Steinschleuder-Maschinen).

Die Blide „schießt“ nicht – sie wirft oder schleudert. Schießen tut ein Schießgewehr…

Die Blide, wie auch die anderen Formen von Steinschleudern (Ziehkraft-Schleudern) und Steinschleuder-Maschinen, werfen oder schleudern sogenannte Blidensteine, keine „Wurfgeschosse“. Ein Panzer schleudert auch keine Handgranaten… Manchmal fliegen auch Bürgermeister, Feuertöpfe, Feuerkugeln, Fäkalienfässer usw. Unten im Bild „klassische“ Blidensteine. Deutlich sind drei Gewichtsklassen zu erkennen. Sie wurden von drei Bliden der Stadt Erfurt 1342 gegen Arnstadt geworfen; glücklicherweise für Arnstadt relativ erfolglos, weil die militärische Führung seitens der Belagerer unschlüssig über den Fortbestand der Stadt Arnstadt war. Sie werden oft mit den „Büchsensteinen“, der Munition der spätmittelalterlichen Steinbüchsen (Kanonen) verwechselt.

Oben im Bild links ein Blidenstein (etwas grober, halbschwere Blide, ca. 55 Kg) rechts ein Büchsenstein einer Steinbüchse; beide von der Belagerung der Burg Tannenberg 1399 stammend (alle Fotos Michael Kirchschlager).

Unten ein Bild der ehemaligen Runneburg-Blide, des einzigen historisch korrekten Nachbaus einer Blide (keine Gummis, keine Schweißnähte, keine T-Träger usw.). Leider nicht mehr existent, der Unfähigkeit, Dummheit und Mißgunst einzelner Bürokraten zu schulden.

Im Gegensatz zu den später sehr gut gehauenen Blidensteinen warf der Tribock des Kaisers noch sog. Tribocksteine (Bild unten), die aus dem südlichen (alten) Sachsen (Feldsteine) herangeführt wurden; Gewicht ca. 100 kg, welches den Tribock des Kaisers zu einer „schweren Steinschleuder“ klassifiziert. Sehr schön ist auf dem vorderen Exemplar die Beschädigung zu erkennen, die vom Aufprall auf eine Steinmauer der Runneburg zurückzuführen ist. Nach einem Erfurter Chronisten trachtete der Kaiser mit jenem teuflischen Werkzeug (instrumento dyabolico) die Burg zu zerstören. Trabucco kommt aus dem altital. und bedeutet soviel wie „Zerstörer“.

Auf Nachfrage versende ich gerne Fachbeiträge zum Thema Bliden und Blidensteine:

  1. Effizienz mittelalterlicher Steinschleudermaschien – in einem Sonderband der DBV
  2. Der Blidenstein – vom „Wurfgeschoss“ zum Zierelement
  3. Das Blidenhaus – spätmittelalterlicher Zweckbau für Militärtechnik und Gerät
  4. Mit Bliden und Büchsen gegen Burg Tannenberg (1399) – alle erschienen in „Burgen und Schlösser“, der Fachzeitschrift der Deutschen Burgenvereinigung e. V.
  5. Zuletzt: Große Büchsensteine in Thüringen – ein Beitrag zur Steinmunition des Mittelalters in „Neue Ausgrabungen und Funde in Thüringen“

Bitte Anfragen via Email an: info@verlag-kirchschlager.de

Über „Thüringer Burgen im Krieg“ ist ein Buch im Buchhandel erhältlich.

Bitte auch um Mitteilung, wo mglw. noch Blidensteine existieren bzw. in der Landschaft herumliegen. Verf. arbeitet an einer umfassenden Monographie zum Thema.

Hussitische Blidensteine (ca. 45-47 cm Durchmesser) von Waischenfeld in Franken (bei Bamberg); werden mitunter als „Schwedenkugeln“ bezeichnet, von schwed. Geschützen; die waren aber leider deutlich geringer im Rohrdurchmesser…